von Diana Menschig
Droemer Knaur Verlag
380 S.
ISBN: 978-3-426-51493-1
8,99€
Inhalt:
Als Merle Hänssler nach dem Tod ihrer Großmutter in deren einsam gelegenes Haus im Schwarzwald zurückkehrt, findet sie im Nachlass ein altes Dokument. Darin berichtet ein gewisser Johannes, der Ende des 16. Jahrhunderts im Haus lebte, über merkwürdige Geschehnisse rund um seine Schwester Greta. Merle tut diese Geschichte zunächst als Aberglaube ab. Doch dann passieren im Dorf immer mehr unerklärliche Dinge: Kinder verschwinden, und auch das alte Haus selbst scheint ein seltsames Eigenleben zu entwickeln. Langsam, aber sicher beginnt Merle sich zu fragen, ob an Johannes’ Erzählung mehr dran ist, als sie wahrhaben wollte.
** Es lässt sich aufgrund der Bewertung nicht vermeiden, Teile des Buchinhalts zu erwähnen. Diese Rezi ist nicht Spoiler-frei**
Ich bin eher durch Zufall auf "so finster, so kalt" gestoßen und das Cover hat mich sofort angezogen. Das Häuschen. Das einsamme Licht, der Nebel, der Wald. Ich gebe zu, dass hat mich nach dem Buch greifen lassen. Der Verweis auf Hänsel und Gretel und eine Auflösung was "wirklich im Knusperhäuschen geschah", waren ein weiterer guter Grund für das Buch.
Eigentlich hatte die Story nur Steilvorlagen.
Märchen, Hexen, den Schwarzwald als Schauplatz, es konnte doch nur gut werden ... und dann ging es sehr schnell abwärts.
Gut, vielleicht habe ich einfach zu viel erwartet, aber was mir als Erstes beim lesen aufgefallen ist, war das Offensichtliche. Ich mag Bücher mit gruseligem Sujet. Alte Herrenhäuse, Geister, Wälder und was ich daran so mag, ist dass die Autoren mit uns spielen.
Ist dass, was der Protagonist glaubt zu sehen/wissen/glauben jetzt wahr, oder ist es Einbildung? Kann es für die merkwürdigen Ereignisse auch eine logische Erklärung geben?
Für mich, macht dieser Umstand des "rätselns" einen Großteil der Spannung eines solchen Buches aus. Dania Menschig gelingt es einfach nicht, diese Stimmung aufkommen zu lassen. Viel zu schnell wird klar, dass es wirklich einen Dämon gibt und dass wirklich etwas nicht stimmt. Die Autorin bemüht sich zwar irgendwann im Buch falsche Fährten zu legen, aber scheitert auch daran, einfach weil viele der Dinge für die Geschichte vollkommen unerheblich sind, aber dazu später mehr.
Bemüht.
Wenn ich das Buch in einem Wort beschreiben müsste, wäre das Wort: bemüht.
Die Autorin rackert sich ab, aus der Steilvorlage, die sie gewählt hat, etwas zu zimmern. Sie bemüht sich um Spannung, sie bemüht sich um Grusel, sie bemüht sich um die Charaktere, aber genau so hat sich das Buch zu jeder Zeit für mich angefühlt, als wolle die Autorin im Hau-Ruck-Verfahren etwas erschaffen, was schon auf den ersten Seiten in die Brüche gegangen ist.
Das ist natürlich eine rein subjektive Meinung meinerseits. Aber ich lese so ein Buch eben weil ich mich gruseln will. Und glaubt mir, wenn ich einen Geisterfilm sehe, halte ich mir öfter die Augen zu, als alles andere und nach "Winterpeople" von Jennifer MacMahon konnte ich zwei Nächte nicht gut schlafen. So finster, so kalt, würde ich ohne Probleme auf einem alten Indianerfriedhof bei Neumond lesen.
Figuren:
Das Buch hat zwei verschiedene Zeitebenen. Einmal die Jetztzeit, in der Merles geliebte Oma stirbt, und sie sehr bald, mit dem "Familienerbe" allein dasteht und einmal einen historischen Teil.
Merle:
Für mich war Merle einfach eine Enttäuschung. Wirkliche Empathie für sie konnte ich nicht aufbauen. Für mich war sie eine vom Leben gelangweilte Mittvierzigerin, die ständig vertanen Chancen und verganenen Zeiten nachheult.
Ihren Job als Anwältin hat sie nur, um noch mehr vom Leben und der Männerwelt gelangweilt und angeödet zu sein und wegen ihrer schon abbezahlten Luxuswohnung in Hamburg :)
Auch reagiert sie mitunter absolut hirnlos. Ein Stuhl schaukelt, ohne das jemand im Raum ist? Sie denkt sich nichts dabei.
Etwas schreckliches passiert am Waldrand? Das hat sie sich nur eingebildet (und das nach 250 Seiten und etlichen aufgedeckten Familiengeheimnissen)
Irgendwann stellt sie dann noch fest, dass Björn (ihr Jugendfreund) gar nicht ihr Spielgefährte aus Kindertagen ist. Nein, der Spielgefährte aus Kindertagen ist der Hausgeist und sie hat die zwei einfach verwechselt. DAS war der Moment als ich das Buch am liebesten gegen die Wand gepfeffert hätte.
Was noch dazu kommt sind die vielen ätzenden Traumsequenzen, die ja mal zu rein gar nix führen. Ich geb es zu, ich HASSE Traumsequenzen. Und Merle und die Autorin strapazieren diese über alle Gebühr.
Der Herr Wolff.
Ernsthaft, als die Autorin den Herrn Dr. Wolff, Märchenexperte aus Freiburg, mit dem linkischen Goblintatoo eingeführt hat, hab ich echt gedacht mein Schwein pfeift.
In einer Märchenaddpation den dunklen Fremden "Herr Wolff" zu nennen, das ist schon fast ein Schenkelklopfer. Kurz darauf träumt Merle dann auch von Wölfen.
Das war wieder mal ein Versuch der Autorin uns Leser hinters Licht zu führen, als am Ende die Auflösung kam, war ich noch viel viel viel viel wütender, als gedacht (ehrlich sie ergibt für mich ja mal gar keinen Sinn)
Hans & Greta
Es gibt, wie gesagt, noch einen 2ten Handlungsstrang der in der Vergangenheit spielt.
Protagonist ist Hans. Ja, der Hans. Und Greta seine dämonische Ziehschwester.
Viele Rezensenten schreiben, dass die Kapitel in der Vergangenheit noch ein Highlight des Buches waren. Für mich waren sie das genaue Gegenteil. Die Autorin versucht hier den Figuren einen "altertümlichen" Touch zu verleihen, in dem sie sie sprechen lässt wie Gewandverkäufer auf dem Mittelaltermarkt.
Mir ist schon klar, dass die Leute damals anders geredet haben, aber was Hans da manchmal abliefert, ist hölzerner, als die Tannen die er zu Kleinholz verarbeitet.
Ich kann mir (beim besten Willen) nicht vorstellen, dass irgendwann jemand, während eine durchgeknallte Dämonin auf ihn losgeht noch Zeit hat "So halte doch ein!" zu schreien.
Wie gesagt die wörtliche Rede klang hölzern und gestelzt, vielen ergab einfach keinen Sinn. Warum zeugt Greta mit ihm ein Kind, wenn sie es danach töten will? Wohin verschwindet Greta nach der Geburt? Warum verschwindet sie? Warum kommt sie erst Jahre später zurück? Fragen über Fragen, aber keine Antwort in Sicht.
Nebenfiguren:
Wir haben natürlich auch Nebenfiguren.
Z.B. die keifende, kreischende Dorfirre, die wahllos Verleumdungen und billige Allgemeinplätze in die Runde brüllt. Oder Merles Vater, der aus Spannungsgründen, auch noch das Zeitliche segnen muss.
Natürlich hat Merle noch diesen Bonzen-Arschloch-Exfreund und den (nicht Geist) Freund aus Jugendtagen.
Unterm Strich war mir bei der ganzen Sippe kein einziger symphatisch.
Die Auflösung:
Dass das "dämonische Reh" hinter den Kindern her war, war ja gleich klar.
Die Auflösung der, im Rückentext erwähnten, Kindsentführung, war ja mal voll der Lacher. Es war so beliebig, einfach, dröge und ich weiß gar nicht was. Ich hab noch mal zurück geblättert, um ganz sicher zu gehen, dass ich nichts überlesen hab.
Aber nein!
Die Befreiung der Kinder war einfach die größte Enttäuschung seit langem. Ich hab wirklich die ganze Zeit gedacht: Wie DAS wars jetzt oder wie? DAS?
Der Schluss des Buches lässt auch einfach zu viele Fragen offen. Ich hab die letzte Seite angestarrt und gedacht ... och komm schon ... ernsthaft?
Fazit:
Diana Menschig hatte eine Steilvorlage.
Jeder der schon einmal im Schwarzwald oder allgemein in einem Wald war, weiß was für eine umheimliche Atmosphäre dort vorherrschen kann.
Leider gelingt es der Autorin nicht diese Atmosphäre zu transportieren. Zumindest ich suchte diesen Flair vergebens. Auch schafft "so finster, so kalt" es nicht, mich hinters Licht zu führen, oder mich rätseln zu lassen, denn viele der wichtigen Fragen werden m.M.n. einfach zu schnell zu Gewissheiten.
Andere Dinge ergeben sich und ich stand ratlos vor dem Text und fragte mich, ob die Autorin das jetzt ernst meint.
Die Figuren schaffen es nicht bei mir Empathie zu wecken.
Alles in Allem würde ich sagen, wurde hier viel gutes Potential einfach nicht genutzt. Was wirklich schade ist.
Zum Abschluss will ich noch sagen: Der Text ist meine Meinung. Ihr mögt das Buch? Gut, schön für Euch, jeder soll das Buch finden, das ihn/sie glücklich macht. Mich hat "so finster, so kalt" enttäuscht. Die Begründung warum, findet ihr oben. Ja, es ist subjektiv, aber es ist meine Meinung, die einzige die ich habe ;)
In diesem Sinne: Namaste