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[Rezension] Feine Leute

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Titel: Feine Leute
Autor: Joan Weng
Verlag: ATB
Umfang: 288 S. 
ISBN: 3746631750
Preis: 
9.99€ gedruckt
7.99€ Ebook

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Inhalt: 

Die Roaring Twenties Berlin im Sommer 1925. Dass Bernice ihren Gatten, den reichen Unternehmer Gottlieb Straumann, hat umbringen lassen, ist eine Tatsache - zumindest für die feine Gesellschaft von Berlin. Kriminalkommissar Paul Genzer ist davon jedoch nicht so überzeugt, insbesondere nachdem die Witwe plötzlich tot ist, gestorben an einer Überdosis Morphium. An seiner Seite hat Genzer einen ungewöhnlichen Helfer: den Schauspieler und Ufa-Star Carl von Bäumer, der sich unter den Reichen und Schönen bestens auskennt – und seine ganz eigenen Vorlieben hat


Meinung:

 Feine Leute hatte einen festen Platz auf meiner Wunschliste und stand ganz oben auf meiner April-Leseliste. Ich liebe die zwanziger Jahre und ich liebe historische Krimis. Zusammen ergeben diese beiden Punkte eine unwiderstehliche Kombination. Als ich den Klappentext (der auf dem Buch leicht anders aussieht, als hier) gelesen habe, wusste ich, das muss ich lesen. 
Die roaring Twenties. Drogen. Schauspieler. Federboas und Cops. 
Genau mein Ding. 
Umso enttäuschter bin ich jetzt, nachdem ich Feine Leute beendet habe. 

Zunächst einmal war das Buch - aus meiner Sicht - nicht wirklich das, was ich als Kriminalroman bezeichne. Eher ein Gesellschaftsroman mit ein paar Toten. Die "wirkliche Polizeiarbeit" kam für mich zu kurz, und Carl von Bäumer als Hobby-Dedektiv machte auch nur mäßigen Eindruck. 

Doch von vorn. 

Am Anfang war ich positiv überrascht, denn aus dem Klappentext auf dem Buch (der ja wie gesagt leicht anders aussieht, als der Klappentext oben) ging nicht hervor, dass Carl und Paul ein Paar sind/waren.
Ja, die zwei Hauptprotagonisten sind schwul und damit hatte Joan Weng gleich mal einen Stein bei mir im Brett. Ich mag Bücher mit Gay-Content, aber Feine Leute hat mir wirklich einen ordentlichen Dämpfer verpasst, was das angeht. 
Am Anfang des Buches zertreiten sich die beiden Herren und 200 (!) Seiten lang hören die lächerlichen Eiferschüteleien, das Herumgejammere und das aufgebauschte Mimimi nicht mehr auf. Ich hatte wirklich den Eindruck, dass die Autorin den Fokus nur auf das Lamentieren der Hauptfiguren legt, denn es kam mir vor, als würden die ganzen Eskapaden mehr Platz einnehmen, als die Mordserie. Das Skandälchen um die sogenannte Premierenaffäre, war dreißig Seiten unterhaltsam, danach war ich vom Verhalten der beiden (erwachsenen) Protagonisten immer mehr genervt, weil sie sich ständig wie bockige Kinder verhalten haben. Und mitunter so extrem, dass ich mit den Augen rollen musste.

Insgesamt konnten die beiden Hauptakteure mich nicht überzeugen. 
Auf der einen Seite Paul - ein rothaariger, zum Jähzorn neigender, Schränke eintretender Homosexueller, mit O-Beinen, der zur Fettleibigkeit neigt - und der seinen Partner gern behandelt, als wäre er fünf. 
Auf der anderen Seite Carl von Bäumer. Der schönste Mann der UFA (diese Phrase wird - auch von Carl - im Buch ungefähr 5123x erwähnt) der sich mitunter wirklich benimmt, als wäre er noch in der Grundschule. Carl ist entweder launisch, maulig und motzig oder traurig und niedergeschlagen. Noch dazu ist er ein Snob, der sich gern mal die Birne wegkokst und auch mal eine halbe Sachertorte allein weghaut. Das heißt ... wenn er nicht grade betrunken ist. Normalerweise steh ich ja auf so verkrachte Existenzen, aber die Zwei haben mich so gegen sich aufgebracht, weil sie mehrere hundert Seiten brauchen, um zu handeln, wie  normale Menschen. 

Was die Story angeht ... Joan Weng hatte sicher eine gute Idee, und sie hatte auch (im Kern) eine super Idee die beiden Protas schwul zu machen. Ist mal was anderes, aber die Gute hat ihren Plot so zerfasert, zerhackt und mit unnützem Zeug vollgestopft, dass er sich gar nicht entfalten kann. 
Andauernd wird die Perspektive gewechselt und irgendwelche Nebenpersonen bekommen das Wort. Aber diese Nebencharaktere sind so blass und stereotyp, dass ich sie mitunter nicht auseinanderhalten konnte, oder durchgelbickt habe, wer mit wem, warum, wie verknüpft ist. Manche Abschnitte sind auch nur innere Monologe oder Beobachtungen. Oder Seitenlange Gespräche, die geführt werden. Das kann ja ein tolles Stilmittel sein und am Ende gibt es auch eine Auflösung, aber über weite Stellen des Buches, war es mir zu konfus. Ich hatte immer den Eindruck, dass das Drumherum mehr Platz einnimmt, als die eigentliche Story. 
Was noch erschwerend hinzukommt, ist, dass die Autorin spannende Stellen überspringt, und sie uns später nacherzählt. 
Als Beispiel: Irgendwann glaubt Carl zu wissen, wie Herr Strautmann ermordet wurde und bestellt sich eine, als Stubenmädchen verkleidete, Nutte ins Hotel. Die Situation wird haarig und Paul muss eingreifen. 
DAS erfahren wir aber nur, weil Paul in drei Sätzen die ganze Affäre für uns als Gedanke Revue passieren lässt. Stattdessen muss ich mir im nächsten Kapitel fünf Seiten lang durchlesen, welche Nagelackfarbe Carls Schwester heute gern hätte, und dass sie findet, dass der Marmor in ihrem Nagelstudio irgendwie unecht wirkt. 
Ja, mir hat der Fokus gefehlt. Die guten Szenen. Mir hat das Aktive in der Geschichte gefehlt, weil die Autorin einfach bei manchen Szenen den falschen POV gewählt hat oder einfach zu viele Erzähler hatte. 

Joan Wengs Schreibstil ist schon anspruchsvoll. Sie neigt zu langen verschachtelten Sätzen. Ein anderer Rezensent meinte, ihm wäre das alles nicht berlinersch genug, dazu kann ich (als Pfälzerin) nichts sagen. 

Fazit: 

Ich habe mich so auf Feine Leute gefreut. Leider konnte das Buch mich nicht packen. Die Story war zu zerfasert und das Verhalten der Protagonisten hat mich irgendwann genervt. 

Es bricht mir das Herz, aber ich kann dem Buch leider nur 


2/5 Sternen geben

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